von Andres Bucher, Anika Weber, Jeremy Petrus ====== Machinarium ====== {{:machinarium-wallpaper-plaza-1920x1200.jpg?200|}} | Genre | 2D Point & Click - Adventure | | Erscheinungsjahr | 2009 | | Publisher | Amanita Design, Daedalic Entertainment | | Entwickler | Amanita Design | | Plattformen | Windows, Mac, Linux, Windows Phone, Playstation 3, Playstation Vita, iPad 2, BlackBerry PlayBook, Android | ==== Setting ==== In einer Maschinenwelt findet sich der Spieler als kleiner Roboter auf einem Schrottplatz ausserhalb einer Maschinenmetropole wieder. Als er sich aus seinen verstreuten Teilen wieder zusammengebaut hat, führt seine Reise zurück in die Stadt. Auf der Suche nach Antworten über die Herkunft des Roboters versinkt der Spieler immer tiefer in der bitter-süssen Welt von Machinarium und deren Bewohner. ==== Spielverlauf ==== Machinarium versucht möglichst ohne Interface auszukommen. Die Steuerung basiert auf Point, Click and Drag. Dies bezieht sich auf den Aktionsradius um die Spielfigur, um mit Dingen zu interagieren oder auf die Spielfigur selbst bezogen. Der Roboter hat, nebst dem Umhergehen, die Fähigkeit, sich stauchen oder strecken zu können und so den Aktionsradius zu verschieben, um die Welt in vielschichtigerer Weise zu beeinflussen. Dies ist wichtig, da Machinarium vor allem durch Rätsel lebt. Sind diese gelöst, geht die Geschichte weiter bzw. die Spielfigur kann neue Bereiche erschliessen. Im Spiel kommt beinahe keine Sprache zum Einsatz. Dialoge mit Stadtbewohnern oder Hinweise zur Lösung eines Rätsels werden komplett mit Gestik, Geräuschen oder Trickfilm-Sequenzen in Gedankenblasen kommuniziert. {{:machinarium_szene.mp4|}} Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Machinarium ==== 1. Allgemeine Klangbeschreibung ==== Machinarium arbeitet mit einer sehr geschlossenen Klangwelt. Hauptbestandteile der Klangwelt sind mechanisch bedingte/metallische Geräusche. Als Kontrast zu den sehr klaren bzw. direkten Geräuschen gibt es die sphärisch und synthetische Musik. ==== 2. Funktional-Ästhetische Beurteilung ==== === 2.1. Wahrnehmungsorientiert === === Feedback (sensomotorisch): === Im Spiel ist nahezu kein direktes Feedback vorhanden. Ausnahmen sind Aktionen, die nicht möglich sind oder direkte Eingaben bei Konsolen, die auch visuell speziell hervor gezeichnet werden. | {{:Machinarium_nichtMoeglich.mp3|}} | nicht mögliche Aktion (3x) | | {{:Machinarium_Konsole.mp4|}} | direkte Bedienung von Konsolen | === Simulation, “Physikalisierung”, resp. Imitation der physikalischen Welt: === physikalisierte Geräusche an der Spielfigur | {{:Machinarium_vergroessern.mp3|}} | Vergrössern | | {{:Machinarium_Gehen_normal.mp3|}} | Gehen | | {{:Machinarium_Maul.mp3|}} | Maul öffnen (Inventar füllen) | physikalisierte Geräusche von indirekten Aktionen | {{:Machinarium_einfach.mp3|}} | Knopf | | {{:Machinarium_Wagen.mp3|}} | Wagen | | {{:Machinarium_Rohr.mp3|}} | Rohr | === Fokussierung der Aufmerksamkeit: === Die meisten Geräusche fokussieren die Aufmerksamkeit auf eine ausgelöste Aktion oder das Vorhandene. Dazu gehört auch das "Barking", welches von den anwesenden anderen Figuren emittieren. === Disambiguierung, Verdeutlichung: === Das Spiel hat keine akustischen Verdeutlichungen, da diese visuell kommuniziert werden. Ausgenommen das narrative Ereignisse untermalt werden – die Spielfigur öffnet den Mund und wirft den aufzunehmenden Gegenstand in seinen Körper bzw. Inventar. === Kognitive Entlastung: === Kognitive Entlastungen durch Geräusche sind nicht vorhanden. Die Geräusche untermalen viel eher visuell kommunizierte Abläufe. === Immersion, Abschottung der Wahrnehmung === Alle Geräusche sind immersiv. Zum einen sind da die direkten Manipulationsgeräusche, von welchen viele sehr simulativ bzw. physikalisierend sind. Das hilft die Welt materieller wahrzunehmen und authentischer zu machen. Die Zeichnungen und Malereien werden real. Zum anderen ist atmosphärische Musik vorhanden. Sie kreiert um die materiellen Geräusche herum einen dezenten Klangteppich, Stimmung und Raum. Dabei zieht sie auch den Spieler in diesen Raum hinein. === 2.2. Bezug Aktion – Klang? === === Beziehung Handlung (am Interface) – Handlung (in der Spielewelt) - Klang: === Die meisten Geräusche besitzen eine nicht isomorphe Verbindung zu Handlungen. Der Spieler sagt, was die Spielfigur tun soll und diese führt dies aus. Dadurch werden die Geräusche erzeugt, die sich auch verselbstständigen können – der Spieler kann die Länge nicht beeinflussen. Ausgenommen sind die eher seltenen Geräusche bei Konsoleneingaben oder das Signal bei einer nicht möglichen Handlung. === Freude am sich-selbst-hören: === Es gibt nicht wirklich Geräusche die man bewusst gerne anhört. Das einzige was dem Nahe kommt, sind die Signale bei nicht möglichen Handlungen – Kopfschütteln des Roboters oder wenn er versucht aufs WC zu gehen. | {{:Machinarium_nichtMoeglich.mp3|}} | Kopfschütteln | === Machtdifferential: === Die antagonistischen Spielfiguren klingen tiefer und gleichzeitig schärfer bwz. schriller als die normalen NPCs und der Spielfigur. | {{:Machinarium_Charakter.mp3|}} | Spielfigur | | {{:Machinarium_Wache.mp3|}} | Wache | | {{:Machinarium_Mobber.mp3|}} | Mobber | === 2.3. Bezogen auf Interaktion === === Als Kommunikation: === Die Manipulationen sind direkte Befehle an die Spielfigur, welche diese mit einer kurzen Verzögerung ausführt und daher keine direkte Kommunikation bedient – der Spieler kann die zeitliche Länge der Manipulation nicht beherrschen, daher dauert sie so lange, wie sie das Spiel vorgesehen hat. Zwischen den indirekten Manipulationen und der Hintergrundmusik stehen die Umgebungsgeräusche, welche sich manchmal mit der Musik vermischen, dennoch allgemeine Informationen über "das Vorhandene" und "das fortwährend Geschehende" bietet. Darunter fallen: Tropfen, die sich in eine Pfütze summieren oder Funken, die einer zerstörten Stromversorgung entspringen. | {{:Machinarium_region1.mp3|}} | Umgebungsgeräusche | === In Bezug auf Handlungen === Durch die Manipulation von Objekten werden immer Geräusche ausgelöst. Meistens handelt es sich dabei um aufeinanderfolgende Klänge, die komplexe Abläufe widerspiegeln. Im Wiederholungsgeräusch des Gehens zeigt sich die Geschwindigkeit des Charakters, die mit seiner Grösse zusammenhängt. | {{:Machinarium_einfach.mp3|}} | einfache Handlung | | {{:Machinarium_erweitert.mp3|}} | erweiterte Handlung | | {{:Machinarium_Gehen_normal.mp3|}} | Gehen (normale Grösse) | | {{:Machinarium_Gehen_gross.mp3|}} | Gehen (gestreckt) | | {{:Machinarium_Gehen_klein.mp3|}} | Gehen (gestaucht) | Der Wechsel von verschiedenen Zuständen wird akustisch untermalt, während die verschiedenen Zustände sonst nicht ein spezifisches Geräusch besitzen. Das Kombinieren von Dingen im Inventar, besitzt kein Geräusch. | {{:Machinarium_vergroessern.mp3|}} | Grösse anpassen | | {{:Machinarium_Maul.mp3|}} | Maul öffnen (Inventar füllen) | === 2.4. Bezogen auf Narration & Dramaturgie === Im Spiel gibt es immer wieder kurze Erinnerungssequenzen. Diese werden, wie die normale Welt, ohne spezielle Effekte vertont. Es ist akustisch also nicht auszumachen, ob das Geräusch nun von der Umwelt, oder von der Erinnerung kommt. | {{:Machinarium_Erinnerung.mp4|}} | Erinnerungssequenz | Wo der Sound eine grosse Rolle spielt, ist bei der Charakterisierung der Figuren im Spiel. Jeder Charakter hat seine eigenen Geräusche. | {{:Machinarium_Charakter.mp3|}} | Geräusche der Spielfigur | | {{:Machinarium_Mobber.mp3|}} | Geräusche des Mobbers | | {{:Machinarium_Wache.mp3|}} | Geräusch einer Wache | === 2.5. Bezogen auf Raum === Die Navigation und Orientierung funktioniert vor allem über die visuelle Ebene. Die Lokalisierung eines Objektes ist durch dessen Geräusch nur eingeschränkt machbar und tritt erst wirklich zu Tage, wenn dieses Objekt sich durch das Spielfeld bewegt. | {{:Machinarium_Rollender_Wagen.mp3|}} | Vorbeifahrender Rollwagen | Das Spiel setzt sich aus einzelnen Levels bzw. Screens zusammen. Jeder dieser Screens besitzt ein spezifisches Setting was vorwiegend durch die Musik als geloopter Keynote-Sound getragen wird. Sporadisch treten Umgebungsgeräusche als Acoustic Landmarks auf, welche vorhandene Gegebenheiten untermalen und die Individualisierung des Raums unterstützen. Sogar anwesende Figuren im Spiel mit ihren eigenen Klängen bringen in die Dichte eines Settings mehr Fülle. | {{:Machinarium_Region1.mp3|}} | Müllhalde | | {{:Machinarium_Region2.mp3|}} | Rollwagen-Eingang | | {{:Machinarium_Region3.mp3|}} | Zimmer mit Fieslingen | ==== 3. Komposition / Mix / Ästhetik ==== Die mechanisch bedingte/metallische Geräusche versuchen die reale Welt zu imitieren. Sie kommen sehr direkt, umgebungslos, direkt und klar daher. Der Kontrast dazu bietet die sphärisch und synthetische Musik, die mit Filtern und Hall arbeitet und so eine grosse, räumliche Dimension erreicht. Diese Kombination vermittelt ein rundes Klangerlebnis. Gesamthaft kommen mehr Mitten bis Hohe Frequenzen vor und weniger tiefe brummende Bässe, was dem Spiel einiges an akustischer Leichtigkeit gibt. Treten tiefe Frequenzen auf, dann nur sehr gedämpft, was diese Schwere räumlich weit entfernt hält. Alles ausserhalb der Spielwelt erzeugt keinen Klang. Dies bezieht sich auf das Menu und das Inventar. Da Aktionen vom Spieler nicht durch direktes Sound-Feedback (Klicks, Fanfaren etc.) bestätigt werden, bleibt das Hauptaugenmerk der Ohren auf der Immersion in der Spielwelt. ==== 4. Bewertung ==== Die Geräusche in Machinarium ist sehr funktional bis in wenigen Momenten sogar emotional. Die Dinge klingen, weil sie damit die Welt authentischer machen, die Objekte physikalisieren. Was dabei meist ausser Acht gelassen wird, ist der Raum. Die Geräusche sind immer sehr direkt und sind nicht von der Raumgeometrie beeinflusst. Man hört nicht wirklich, ob man in einem grossen oder kleinen Raum ist. Das ist schade, denn das hätte noch mehr Wirkung erzeugen können und hätte die Welt noch greifbarer gemacht. Die Geräusche dienen vor allem dazu, die visuellen Informationen zu untermalen bis verstärken. Für den grössten Teil an Emotionalität ist die Musik zuständig. Sie haben versucht die Umgebungslosigkeit der vordergründigen Geräusche mit dem atmosphärischen Raum der Musik zu kompensieren. Es ist sehr geschickt und effektiv, kann aber bei näherer Betrachtung bemerkt werden. Wir begrüssen die geschlossene Klangwelt. Sie versuchen sie auch so rein zu halten wie möglich. Es gibt kaum spieletypische Geräusche, die nicht in die Welt passen und die Immersion zerstören würden. ==== 5. Vergleich von Botanicula zu Machinarium ==== === Unterschiede === In Botanicula wird mit dem Sound viel bewusster Umgegangen als noch in Machinarium. Der Sound wurde als künstlerisches Medium entdeckt und genutzt. Dadurch hat Botanicula eine neue Ebene erreicht. Wurde bei Machinarium nur im visuellen experimentell umgegangen, ist dies bei Botanicula nun auch auditiv der Fall. So wurde auch mit dem in Machinarium funktionalen Sound gebrochen. Plötzlich tragen die Geräusche nicht einfach nur Information, sondern übermitteln auch starke Emotionen. Botanicula hat Lust am Klingen bekommen. Auch beim Zusammenspiel von Musik und Geräuschkulisse wurde ein neuer Level erreicht. Bei Machinarium waren die Geräusche vorwiegend physikalisierend, kommunikativ. Sie sind klar an die Rätsel und die Zwischensequenzen gebunden. Die Musik hingegen sorgte für die nötige Atmosphäre. Bei Botanicula verschmelzen die beiden Ebenen allerdings stark. Geräusche sorgen für Atmosphäre, die Musik kommuniziert mit dem Spieler. Musik und Geräuschkulisse werden untrennbar miteinander verwoben. Und auch den Raum entdeckt Botanicula. Zwar lassen sich auch hier nicht alle Objekte klar lokalisieren, doch Objekte die sich weiter hinten befinden klingen dumpfer, Objekte aus dem Nachbarsscreen klingen nach. Die klaren Grenzen zwischen den Screens verschwimmen, während sie bei Machinarium noch viel klarer ersichtlich waren. === Gemeinsamkeiten === Bei den ganzen Unterschieden, gibt es aber auch einige Gemeinsamkeiten. Denn glücklicherweise wurden die Stärken des Sounddesign von Machinarium übernommen und erweitert. Die neuen Geräusche des Inventars brechen nicht die Immersion, sondern unterstützen sie, da sie in die Klangwelt eingebettet sind. Botanicula bedient sich auch weiterhin keiner wirklichen Dialoge. Die Figuren unterhalten sich wie in Machinarium in einer infantilen Sprache und werden durch diese Charakterisiert. Und auch die Atmosphäre ist vergleichbar zu Machinarium, wenn auch noch stärker kontrastiert. Die feindlichen Regionen klingen schön bedrohlich, ohne die an sich heitere Stimmung des sonstigen Spiels zu stören. Die ruhigen Gebiete sind noch dichter an Geräuschen und erfreuen das Spielerohr. Das Spiel gleicht geradezu einer kindlichen Fantasie. === Fazit === Allgemein lässt sich eine deutliche Entwicklung in der Soundgestaltung ausmachen. Trotzdem bleiben die Designer von Amanita Design ihren Prinzipien treu. Sie probieren neue Sachen aus, ohne ihren individuellen Stil völlig ausser acht zu lassen. ==== Links und Quellen ==== [[http://amanita-design.net/games/machinarium.html|http://amanita-design.net/games/machinarium.html]] [[http://en.wikipedia.org/wiki/Machinarium|http://en.wikipedia.org/wiki/Machinarium]]