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dishonored

Dishonored

Entwickler Arkane Studios
Erscheinungsjahr 2012
Genre Action-Adventure, Stealth
Platformen PC/PS3/Xbox 360
AnalysatorInnen Silja Läng, Benjamin Andermatt, Eric Schärrer

Spielbeschrieb

Dishonored spielt in der fiktiven Hafenstadt Dunwall, die vom Walfang lebt und gerade von einer Rattenplage heimgesucht wird. Der Spieler übernimmt die Rolle von Corvo Attano, dem Leibwächter und Vertrauten der Kaiserin, die in Dunwall herrscht.

Gerade von einer diplomatischen Mission zurückgekehrt muss Corvo miterleben, wie die Kaiserin vor seinen Augen ermordet und deren Tochter entführt wird. Kurzerhand wird Corvo zum Täter erklärt und eingekerkert. Als seine Exekution immer näher rückt, macht sich Corvo daran, die Verschwörung gegen die kaiserliche Familie und sein Leben aufzudecken.

Anfang des Spieles auf Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=tDIy3dbF3XU

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1. Allgemeine Klangbeschreibung

Dishonored arbeitet mit einem sehr dichten und ununterbrochenen Klanggebilde. Dabei kommen sowohl situationsabhängige Musik-Themen zum Tragen als auch eine grosse Bandbreite von Ambient-Sounds und Interaktionsgeräuschen, die der Spieler aus seiner Manipulation der Spielwelt hervorbringt.

Da der Sound von Dishonored jenen eines durchschnittlichen Indiegames im Umfang übersteigt, wurde im Folgenden mit Beispielen zur Verdeutlichung von Punkten gearbeitet. Dabei wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben.

2. Funktional-Ästhetische Beurteilung

Warum klingt es? Welche Funktion erfüllen die Klänge (beabsichtigt oder unbeabsichtigt)?

2.1. Wahrnehmungsorientiert

2.1.1. Feedback (sensomotorisch)

In Dishonored ist das Feedback sowohl aus der Spielwelt als auch im User Interface meist direkt.

Beispiel User Interface: Optionsmenu. Reagiert direkt auf Klicks und Mauswischen.

2.1.2. Simulation, “Physikalisierung”, respektive Imitation der physikalischen Welt

Dishonored spielt in einer namenlosen Fantasy-Welt, die physikalischen Gesetzen unterworfen ist. Das äussert sich beispielsweise beim Überqueren von verschiedenen Untergründen.

UntergrundSound
Steinboden
Dachziegel
Metallgitter

2.1.3. Fokussierung der Aufmerksamkeit

Dishonored lenkt die Aufmerksamkeit stark über Sound. Das äussert sich sowohl in einer Veränderung der Amplitude als auch dadurch, dass si­tu­a­tiv Sounds und Musik-Themen eingespielt werden. Beispiele von lokal-situativen Veränderungen:

Gelangt der Spieler in die Nähe einer Gefahrenquelle, lenkt das Spiel die Aufmerksamkeit darauf um. Beispiele wären Stadtwachen oder Strassenschläger. Wird der Spieler entdeckt, wird einer von 8 Sounds abgespielt. Vier davon sind hochfrequent, vier niederfrequent:

2.1.4. Disambiguierung, Verdeutlichung

Die einzelnen Sound-Themen werden zur Verdeutlichung der jeweiligen Spielsituation verwendet. Beispiele:

Beim Erkunden einer neuen Strasse
Im Kampf ums Überleben
Beim Durchschleichen eine Aristokratenvilla

2.1.5. Kognitive Entlastung

Dishonored setzt stark auf Spannung und Ungewissheit, der Spieler wird zum vorsichtigen und aufmerksamen Spielen angehalten. Daher ist kognitive Entlastung eigentlich nicht gegeben.

2.1.6. Immersion, Abschottung der Wahrnehmung

Ein wichtiger Teil der Immersion ist neben der Musik auch der Ambient Sound, bei dem wiederkehrende Lautsprecherdurchsagen bemerkenswert sind. Einerseits nehmen sie auf den Spielfortschritt Bezug, andererseits verstärken sie das Gefühl einer Spielwelt, die mit dem Horror einer Seuche auszukommen hat.

Durchsage „Deceased“Nimmt Bezug auf Zustand der Spielwelt
Durchsage „Training Exercise“Nimmt Bezug auf vorherige Aktion des Spielers

2.2. Bezug Aktion – Klang

2.2.1. Beziehung Handlung (am Interface) – Handlung (in der Spielewelt) - Klang

Das Spiel verfügt über eine Spannweite an Sounds, die von klar isomorph bis nicht isomorph reicht. Während Handlungen mit direkter Verbindung zu einem Klang meist kurz sind, dauern verzögert Abgespielte Klänge tendenziell länger.

Die Klänge der Waffenbenutzung kommunizieren dem Spieler direkt, was seine Befehle auslösen.

Das Öffnen eines Tors erzeugt Klänge, die durch Spieleraktion ausgelöst indirekt kommunizieren, was passiert.

2.2.2. Freude am sich-selbst-hören

Auch wenn Einsammel-Sounds und Rückmeldungen, die Erfolg kommunizieren Freude auslösen, so gibt es keine wirkliche Freude am sich-selbst-hören. Die eigenen Geh- und Schleichsounds sind leise gehalten und, wenn man nur diese wahrnimmt, suggerieren sie Sicherheit, was hier wohl am ehesten Freude gleichkommt.

2.2.3. Machtdifferential

Da sich der Spieler meist schleichend und meuchelnd durch die Spielwelt bewegt, liegt hier ein „umgekehrtes“ Machdifferential vor; die wenigsten anderen Klänge werden von Spielersounds übertönt, sie sind mächtiger als die spielereigenen Sounds, und so fokussiert sich der Spieler auf seine Umgebung, auch wenn er der Mittelpunkt des Spiels darstellt, ist seine Umgebung klangtechnisch das Zentrum.

2.3. Bezogen auf Interaktion

2.3.1. Als Kommunikation: Bei Manipulationen von Objekten innerhalb der Spielwelt wird stets ein Geräusch ausgelöst, so kommuniziert der Sound direkt, wie sich das Verhalten auswirkt. Durch „künstliche Intelligenz“ iniziierte Kommunikation vermittelt dem Spieler wichtige Spielinformation über Parameter der „KI“.

Beispiel: Hier kommunizieren Geräusche dem Spieler die Position einer „KI“(Gähnen, Schritte & Husten)

Die Umgebungskommunikation, allgemeine Information über „das Vorhandene“, spielt eine zentrale Rolle in der Kommunikation von Dishonored, hier wird breit thematisch kommuniziert. Die jeweilige Atmosphäre wird nachdrücklich und dicht gewoben präsentiert. Beispiel:

2.3.2. In Bezug auf Handlungen

Verschiedenste Handlungen werden durch entsprechende Klänge repräsentiert. Spezielle Fähigkeiten wie Zeitverlangsamung(Im Spiel „Bend Time“) haben ihre eigene klangliche Gestaltung, hier durch den Einsatz von Geflüster.

2.4. Bezogen auf Narration & Dramaturgie

Dishonored macht bei der Narration von Cutscenes und einer audiovisuell dicht gepackten Spielwelt gebrauch. Dramatisierung erfolgt im Auditiven über Musik-Themen und Eventspezifische Soundeffekte, was besonders zum Tragen kommt, da Corvo, der Held des Spiels, schweigt.

Beispiel der informationsreichen Spielwelt, die viel Narration betreibt; ein „Audiograph“.

Beispiel einer Cutscene:

Beispiel des Musik-Themas „Wrenhaven River“:

2.5. Bezogen auf Raum

Die Orientierung geschieht in Dishonored sowohl über die Bild- als auch über die Soundebene. Es findet ein enges Zusammenspiel statt, das dem Spieler eine sicherere Navigation erlaubt, die mehr ist als die Summe ihrer Teile; wäre nur die Bildebene vorhanden, wäre Dishonored ungleich schwieriger, wenn nicht unmeisterbar. Gleiches gilt für den virtuellen Soundscape, er komplettiert die visuelle Spiellandschaft.

Hier ein Beispielhaftes Zusammenspiel von Sound- und Bildebene: Mit „dem Herzen“ können Schätze aufgespürt werden, es gibt visuell und auditive Hinweise:

„Unter einer Soundscape versteht man das Zusammenspiel aller akustischen Erscheinungen, die sich in einem Raum und durch diesen produzieren.“ ( http://de.wikipedia.org/wiki/Soundscape ) Folgt man dieser Definition und insbesondere der Einteilung in LoFi und HiFi-Soundscapes stösst man schnell an die Grenzen eines solchen Regelwerks. Auch wenn sich Räume in Dishonored finden, die sich klar in LoFi oder HiFi einteilen lassen, so durchschreiten manche Spielräume diese klare Abgrenzung, indem sie zum Beispiel eine Wandlung vom akustisch differenzierbaren zum überladenen durchmachen und danach wieder zurückgewandelt werden.

3. Persönliches Fazit

Mit Dishonored ist ein sehr rundes Gesamtwerk an audiovisuellem Ritt durch ein Rattenverseuchtes Abenteuer um eine Verschwörung gelungen. Grundsätzlich sind Ambient-Sound sowiel die verschiedenen Musik-Themen passend eingesetzt und hochwertig. Auch die durch Spieleraktion ausgelösten Sounds überzeugen in ihrer einzelnen Qualität und durchbrechen nie die von jedem Raum weiter verstärkte Immersion in dieses Abenteuer.

Vorallem beim Voranschreiten in neue Räume verändert sich die Soundscape manchmal drastisch ins überladene, sie werden von HiFi zu LoFi-Soundscapes, was in Anbetracht der Gesamtqualität des Sounds eine Vergeudung darstellt und nur irritiert. Glücklicherweise halten diese Moment nur kurz an und entlassen uns als Spieler wieder in die wohlgemixte Klanglandschaft und interaktive Gesamtkomposition namens Dishonored.

4. Vergleich zwischen Dishonored und Stanley Parable im Bezug auf Raumwirkung

Ambient

  • Stanley Parable: Einfache, statische Raumklänge.
  • Dishonored: Dichte stark stilisierte Umgebungsgeräusche vermischt mit musikalischen Elementen. Ausserdem zahlreiche räumliche Soundquellen, die sich glaubwürdig verändern in Bezug auf die Spieler-Position.

Feedback

  • Stanley Parable: Klanglich minimalistisch, aber unterstützt durch den Erzähler.
  • Dishonored: Teils natürliche Sounds, teils eher abstrakte klänge.

Schritte:

  • Stanley Parable: Wenig untergründe: Teppich, Beton, Metall.
  • Dishonored: Vielfältigere Umgebung mit entsprechend mehr Schritt-Geräuschen.

Schwellen:

  • Stanley Parable: Einfache Grenzen zwischen den Räumen, die aber durch Türsounds und den Erzähler verborgen werden.
  • Dishonored: Stellenweise klare Grenzen manchmal aber auch nur eine andere Filterung des selben Soundscapes. Zudem fallen Schwellen durch die Vermischung mit Räumlichen Soundquellen weniger auf.

Menu:

  • Stanley Parable: Tastaturklänge - Passend zur Atmosphäre des Spiels.
  • Dishonored: Verschiedene Materialsounds ohne direkten Bezug zur visuellen Ebene.

Fazit

  • Alles in Allem betont die Soundkulisse von Stanley Parable die Isoliertheit des Spielers und dem Erzähler, während Dishonored das gegenteilige Ziel verfolgt. Dort wird dem Spieler suggeriert, dass um ihn herum immer etwas passiert und die Welt lebendig ist.
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