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Soundanalyse zu Harvest Moon von Aylin Acikel

Spieldaten

Genre Lebens- und Wirtschaftssimulation, Farmsimulator
Veröffentlichung Juni 1997
Publisher Marvelous Entertainment Natsume

Spielbeschreibung

Der Spieler befindet sich während des ganzen Spieles auf einer Farm. Er verdient sich durch das Anbauen verschiedener Gemüsesorten und Halten von Tieren seinen Unterhalt. Von seiner Farm aus kann er sich zum Dorf und in einen Wald begeben. Während im Wald Kräuter auffindbar sind, kann er sich im Dorf verschiedene Werkzeuge erkaufen. Harvest Moon simuliert alle vier Jahreszeiten. Es vergehen Tage, Monate und Jahre. Jeder Monat hat 30 Tage. Während des Jahres finden verschiedene Feste statt, an denen sich der Spieler und die Dorfbewohner beteiligen können. Ausserdem ist es möglich eine Frau zu finden und sie zu heiraten. Auch Kinder können sie bekommen. Harvest Moon beinhaltet ausserdem einige märchenhaften Aspekte. Im Spiel existieren zum Beispiel Zwerge, welche in Höhlen unter der Farm leben und eine Göttin in einem Teich im Wald.

1 - Allgemeine Klangbeschreibung

Das Erscheinungsjahr 1997 von Harvest Moon macht sich in dem Sound des Spieles sehr stark bemerkbar. Wie zu der Zeit üblich ist nur eine sehr eingeschränkte Klangwelt vorhanden, welche hauptsächlich auf synthetischer Klangerzeugung beruht. Manche Geräusche (wie zum Beispiel das Pflanzen von Samen) wurden mit dem Mikrofon aufgenommen. Diese sind jedoch eher in der Minderheit. Eine einfache Physikalisierung ist unter Anderem anhand von Fuss- und Werkzeuggeräuschen zu erkennen. Der synthetische Anteil der physikalisierenden Geräusche ist stark erkennbar. Dies nimmt den physikalisierenden Geräuschen einen Anteil ihrer Ernsthaftigkeit, wodurch diese eher heiter und witzig wirken. Die Hintergrundmusik und Character-Aktion Sounds (Laufen, Werkzeug benutzen, …) sind eindeutige von einander abgrenzbar. Die Hintergrundmusik ist komplett frei von physikalisierenden Geräuschen und dient nur zum schaffen einer Atmosphäre. Die Character-Aktionen und Geräusche der NPC's wiederum dienen der Physikalisierung und wirken daher etwas realitätsgetreuer als die Hintergrundmusik.

2 - Funktional-Ästhetische Beurteilung

2.1 Wahrnehmungsorientierung

Die generelle Stimmung von Harvest Moon wird durch die Hintergrund Musik erzeugt, welche sich während der Jahreszeiten ändert. Alle Soundtracks haben einen märchenhaften Grundklang, welche das Spiel mysteriös und fabelhaft wirken lassen. Sie dienen der Immersion, welche den Spieler tiefer in die Welt eintauchen lässt.

In der Spielwelt sind verschiedene Materialien zu finden. Diese können aufgehoben und wieder ablegt werden. Die Art des Pickups spielt hierbei keine Rolle. Alle Pickups besitzen das selbe Geräusch:

Ausser den Character-Aktion-Geräuschen (Jump, walk, Use tool…) spielen alle anderen Elemente mit dem Einsatz des indirekten Feedbacks. Dies bedeutet zum Beispiel, dass beim Fertigstellen einer Aktion (Gemüse gereift) oder Events kein akustischer Sound abgespielt wird. Indirekte Feedbacks passen gut zum Spielstil der Lebenssimulation. Hierdurch besteht nämlich eine grosse Möglichkeit Events oder Aktionen zu verpassen. Auf dieser Weise erscheint der Spielverlauf zufälliger und bietet mehr Variationsmöglichkeit, was die reale Welt daher umso besser simuliert.

Für die Physikalisierung werden hauptsächlich zwei Aktionen verwendet. Einmal das Benutzen der Werkzeuge, welche im nächsten Abschnitt genauer betrachtet werden und einmal die Fussgeräusche des Spielers. Beide Aktionen sind so weit wie möglich wahrheitsgetreu nachgeahmt.

Fussgeräusche

Die Fussgeräusche besitzen dabei keine Differenzierung für unterschiedliche Oberflächen (Grass, Stein, Sand,…).

Das Spiel kommt komplett ohne UI aus. Aus diesem Grund existieren keine Geräusche für das erreichen eines bestimmten Wertes in der UI oder das erledigen einer Quest. Einzig fehlgeschlagene Aktionen des Spielers werden noch zusätzlich mit Sound ausgestattet.

2.2 Bezug Aktion - Klang?

Das Spiel besitzt eine isomorphe Verbindung zwischen Aktion und Klang. Jede Aktion des Spielers wird direkt mit einem Sound bestätigt. So besitzt der Spieler immer ein direktes Feedback für seinen Input, mit dem er den Character im Spiel manipulieren kann. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei auf der Benutzung der Werkzeuge. Sie besitzen alle einen eigenen Klang, der ertönt wenn sie benutzt werden:

Töne aller Werkzeuge bei ihrer erfolgreichen Nutzung:

Axt

Hammer

Sichel

Hacke

Giesskanne

Für die Sichel, Axt und Hacke existiert, für einem verfehlten Schlag, ein weiterer Sound. Die Giesskanne und der Hammer sind auf jeder Oberfläche anwendbar und besitzt daher keinen extra Sound für einen Fehlschlag.

Fehlgeschlagener Sichel Schlag

Fehlgeschlagener Schlag für Axt und Hacke

Das Geräusch für den Sprung ermutigt zur erneuten Benutzung, da das hören dieses Geräusche Freude erweckt:

Jump

Weiterer Sound, der zur erneuten Handlung ermutigt:

Samen einpflanzen

2.3 Bezogen auf Kommunikation

Am Anfang des Spieles und einige wenige Male während des Spielverlaufs, ist es möglich verschiedenen Charakteren einen Namen zu geben. In diesem Fall öffnet sich ein bestimmtes Interface, welches eine Tastatur simuliert. Während der Eingabe des Namen, wird der Benutzer Input nach jedem Buchstaben mit einem akustischen Ton begleitet. Auch das beenden der Eingabe ist mit einem Ton ausgestattet. Die selben Töne werden bei der Auswahl im Startbildschirm des Spiels für den User Input verwendet. Hiermit wird dem Spieler ein akustisches Feedback über eine erfolgreiche Eingabe ermöglicht.

Auswahl und Bestätigung Sound:

Das Kommunizieren von erfolgreichen oder erfolglosen Aktionen des Spieler wird, ausser bei der Benutzung der Werkzeuge, komplett ausgelassen. Die Signale eines Erfolgs oder Misserfolgs sind entweder komplett visuell, verdeutlicht durch den Text eines NPC's oder gar nicht vorhanden. Im letzten Fall besteht die Möglichkeit, dass ein Ereignis unbemerkt bleibt. Wie zum Beispiel der erfolgreiche Ertrag des Feldes.

Indirekte akustische Kommunikationen werden zum Beispiel durch den Hund des Spielers vermittelt. Dieser bellt am Morgen an manchen Tagen, um den Spieler auf die Aussenwelt ausserhalb seines Hauses neugierig zu machen.

Hund

Für die Umgebungskommunikation gibt es ausserdem drei spezifische Zustände. Wird der Soundtrack der jeweiligen Jahreszeit abgespielt, so weiss der Spieler es ist ein sonniger Tag. Die weiteren zwei Zustände sind Regen und Sturm. Diese beiden Tage haben für den Spieler und das Spielverhalten eine besondere Bedeutung.

Regen

Hurrikan

Durch den Regen- und Hurrikan-Sound weiss der Spieler, schon beim Aufstehen in seinem Haus, was ihn draussen erwartet. Dies sind wichtige Informationen, da er bei Regen sein Feld nicht bewässern muss und bei einem Hurrikan nicht aus dem Haus kann. Hat er bei einem Hurrikan seine Tiere draussen gelassen, so verliert er diese. Diese Informationen werden ihm anhand der Sound sofort mitgeteilt, soweit er bereits in dessen Kenntnis ist.

Eine weitere sehr interessante Umgebungskommunikation ist die Anwendung von keinem Sound sobald es Nacht wird. Der Spieler wird implizit darauf hingewiesen, dass alle Bewohner schlafen und er sich langsam aufmachen sollte zum Schlafen. Das ausbleiben der einprägsamen einfachen Musik, macht die Stille umso mehr bemerkbar.

Abendstille

2.4 Bezogen auf Raum

In Harvest Moon wird die Hintergrundmusik stark dazu verwendet eine Atmosphäre zu schaffen und das Setting zu etablieren. Was eine gute Wahl ist da es vier verschiedene Jahreszeiten gibt und diese somit gut verdeutlicht werden können:

Frühling

Sommer

Herbst

Winter

Die Soundtracks der Jahreszeiten besitzen einen synthetischen einfachen Klang. Es wird versucht anhand des Rhythmus und der Tonfrequenz die Atmosphäre der Jahreszeit zu vermitteln. Sommer: heiter und lebhaft durch mittel schnellen Rhythmus und hohe Tönen in der Melodie. Frühling: verschlafen aber freudig anhand eines langsamen Rhythmus und hohen Tönen als Leidton. Herbst: hektisch mit einem schnellen Rythmus und hohen als auch tiefen Tönen in der Melodie. Winter: leblos und traurig durch einen langsamen Rhythmus und tiefe Töne in der Melodie.

Neben den verschiedenen Jahreszeiten besitzen auch verschiedene Orte einen eigenen Soundtrack. Die Musik der Jahreszeiten wird abgespielt wenn sich der Spieler auf seinem Grundstück befindet. Begibt er sich in den Wald oder in das Dorf so ertönt eine andere Musik. Diese Veränderungen der Musik unterstützen die räumliche Orientierung des Spielers.

Wald

Dorf

Im Dorf ist ausserdem die Kirche eine akustische Sehenswürdigkeit. Betritt man diese so wird eine kirchliche Musik passend zum Setting abgespielt.

Dies hebt die Kirche von den weiteren Gebäuden im Dorf ab da nur hier eine andere Musik klingt. Gleichzeitig kann auch der Hinweis darauf gegeben werden, dass dies ein wichtiger Ort für das Spiel ist und somit implizit auf die spätere Heiratsmöglichkeit hinweist.

2.5 Bezogen auf Narration & Dramaturgie

Die Nutzung von kompletter Stille wird in Harvest Moon nicht nur verwendet, um auf bestimmte Aktionen zu verweisen sondern auch um eine bestimmte Stimmung oder einen Effekt zu erzeugen. Auch kein Ton ist zu hören wenn der Spieler sich in die Mienen-Höhle begibt:

Dies gibt erzeugt beim Spieler eine unheimliche Situation. Es ist nicht klar was passieren wird. Auch visuell ist alles auf eine düstere Stimmung ausgelegt, wodurch die Stille ein unbehagenes gefühl auslöst.

Eine weitere Anwendung der Stille ist bei dem langsamen Laufen zu sehen. Rennt der Spieler so ertönen Fussgeräusche, läuft er, so ist kein Geräusch zu hören. Die Stille erzeugt hierbei ein Gefühl der Schwere, was den Effekt der Verlangsamung sehr gut darstellt:

Eine weitere Subjektivierung entsteht durch unterschiedliche Musik bei unterschiedlichen Festen. Dies lässt den Spieler in die Stimmung des Festes eintauchen. Wie zum Beispiel beim Neujahr-Fest:

Neujahr

Im Spiel wird das reden sehr vereinfacht. Es existiert ein einziger Ton, welcher sowohl für das Reden als auch für das lesen von Informationen steht. Dadurch werden NPC's akustisch nicht hervorgehoben. Ihre Persönlichkeit wird ausschliesslich durch das visuelle vermittelt:

3 - Persönliches Fazit

Aus Gründen der damaligen (1997) Mittel liegt das Hauptaugenmerk des Spiels auf der effektiven Nutzung von Sound. Es wird immer gut ausgewägt wo Sound wirklich nötig ist und wie man auf minimalistische Art Sound anwenden kann. So wird zum Beispiel eine Atmosphäre nicht durch aufwendige, pompöse Sound Erlebnisse eines Orchesters geboten, sondern die Stimmung der Jahreszeiten anhand von einfachen Soundtracks vertont. Dabei wird der Rhythmus und die Tonfrequenz zum Hauptakteur beim Herstellen einer Atmosphäre, wodurch ein melancholischer und trauriger Soundtrack durch langsame triefe Töne entsteht und eine heitere und fröhliche Musik durch hohe und schnelle Töne. Im Spiel wird auf einer sehr auffallenden und kleveren Weise die Wirkung von Stille benutzt. Wie zum Beispiel, um den Spieler auf eine Handlung aufmerksam zu machen oder einen bestimmten Effekt zu erzeugen. Durch die einfachen und sehr einprägsamen Soundtracks wird der Effekt von Stille beim Ausbleiben dieser Soundtracks, umso mehr verstärkt. So wird durch das Ausbleiben der Musik bei Nacht auf einer sehr effektiven und einfachen Weise die Abendstille simuliert. Dem Spieler wird auf diese einfache Art akustisch signalisiert, dass bald Schlafenszeit ist. Noch bevor die visuellen Mittel darauf aufmerksam machen. Das Zusammenspiel der Nutzung von minimalistischen Tönen und Stille führt trotz ihrer Einfachheit zu einer reich wirkenden Klangwelt des Spiels. Sodass, der Spieler sich gerne in der Welt aufhält. Das Spiel wirkt charmanter je mehr diese beiden Komponenten zusammen wirken. Der Versuch einer grossen Komposition mit einfachen Tönen (Soundtrack) oder das ständige wiederholen einzelner einfacher Töne (Sprachimitation) wirkt auf eine sehr lange Dauert eher störend.

Bild Quelle

/home/wiki/wiki.pink.zhdk.ch-ssl/public_html/gamesoundopedia/data/attic/harvest_moon.1567079047.txt.gz · Zuletzt geändert: von aacikel