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Senua's Saga: Hellblade II

Spieldetails

Genre: 3D-Action-Adventure RPG | Publikationsjahr: 2024 | Studio: Ninja Theory | Analyse von: Olivia Stutz, Lina Schembri


1. Spielbeschrieb

In der Fortsetzung des preisgekrönten linearen Action-Adventure-Spiels Hellblade: Senua's Sacrifice kehrt die schizophrene Protagonistin Senua zurück und begibt sich auf eine brutale Überlebensreise durch die Mythen und Qualen der Wikingerzeit, ihre Heimat, um dort den durch die Nordmänner betriebenen Sklavenhandel zu beenden.

Trailer: https://youtu.be/7qUd9ayfGS8?si=wOChN1ko0TaranMP

2. Soundbeschrieb

Das Sound Design knüpft direkt an seinen Vorgänger an: Auch in diesem Fall liegt der Fokus wieder auf einer wahrnehmungsorientierten Narration, Immersion und Subjektivierung. Die akustische Kulisse ist abermals darauf ausgerichtet, den Spieler:innen die Schizophrenie Senuas sensorisch zu vermitteln. Auditive Halluzinationen, wie etwa Stimmen und Geflüster von weiblichen und männlichen Identitäten, spielen eine zentrale Rolle. Im Allgemeinen werden diese als bösartiger wahrgenommen als im vorherigen Spiel. Darüber hinaus manifestieren sie sich in signifikanter Anzahl und äussern sich nun auch in Form von Schreien, Klagen und Bitten (bspw. von Toten).

3. Wahrnehmung

3.1 Immersion via Simulation

Die Soundscape des Spiels setzt einerseits, wie bereits zuvor, auf eine wahrnehmungsorientierte Perspektive, die eine totale Immersion via Simulation anstrebt. Die raue See und die karge Vulkanlandschaft Islands dient bspw. als Schauplatz für ein Sound Design von besonderer dunkler und brutaler Atmosphäre, das sich sehr oft auf mehrschichtige Sound-Archetypen stützt. Das immersive Sound Design erzeugt das Gefühl, als wäre man tatsächlich Teil der Geschichte, ja, als wäre man die Protagonistin selbst vor Ort.

[Sequenz]

3.2 Verdeutlichung durch Entfremdung

Auf der anderen Seite entsteht der Eindruck, dass das Sound Design den Versuch unternehmen sollte, eine Verbindung zum Fantastischen zu schaffen und somit eine akustische Gegenposition zu den „realen“ Bildern Islands zu entwickeln. Die beschriebenen Geräusche sind als intensiv und synthetisch zu klassifizieren und lassen das Gefühl entstehen, mit der Realität in einem fernen Verhältnis zu stehen. Die Geräuschkulisse zeichnet sich dadurch teilweise durch eine Vielzahl unnatürlicher, dröhnender und verzerrter Basstöne aus, die einerseits ein Gefühl der Entfremdung hervorrufen, andererseits gewisse Ereignisse verdeutlichen. Daneben sind die auditiven Halluzinationen weiterhin ständiger Begleiter von Senua und verzerren die Wahrnehmung der Spieler:innen vom Spiel und/oder fungieren zur kognitiven Entlastung zu den visuellen Halluzinationen.

3.2 Zustandsveränderungen

Wie bereits in Hellblade: Senua's Sacrifice haben die Spieler:innen die Möglichkeit, im regulären Gameplay oder in Kampfsequenzen zu „fokussieren“. Es besteht die Möglichkeit, dass entweder eine Interaktion ermöglicht oder die Zeit verlangsamt wird, um Heilung oder einen Angriff zu bewirken. Ebenso bedient sich das Sounddesign dieses Fokusmomentes, um die Aufmerksamkeit der Spieler:innen auf eine spezifische Aktion zu lenken. Es erfolgt eine Ausblendung unnötiger Geräusche, insbesondere auch auditiver Halluzinationen, wodurch die Szene automatisch ruhiger wirkt. Wird der Fokus in der Kampfsituation aufgelöst, ertönt ein nahezu explosionsartiges Geräusch, das durch den leise/laut-Kontrast noch gewaltiger wirkt.

4. Verhältnis Aktion → Sound

4.1 Direkte Kommunikation

Jede Aktion im Spiel, unabhängig davon, ob es sich um ein Rennen, Koder das Öffnen einer Tür handelt, wird von immersiven Interaktionssounds begleitet. Diese generieren nicht nur ein realitätsnahes Sounderlebnis, das bspw. die Materialität eines Objektes näher bringt, sondern geben auch ein akkurates Feedback zu den durchgeführten Aktionen. Im Gegensatz zu seinem Vorgängerspiel ist Senua jedoch des öfteren nicht alleine unterwegs, sondern sie wird stückweise von diversen NPCs begleitet mit denen Senua in Dialoge tritt.

4.2 Indirekte Kommunikation

Das erneute Fehlen einer grafischen Benutzeroberfläche oder eines Tutorials führt dazu, dass Spieler:innen sich automatisch auf das Feedback der auditiven Halluzinationen verlassen, die stets das Geschehen oder Verhalten des Avatars kommentieren.

5. Raum

Der Realismus-Anspruch der Geräuschkulisse von Hellblade: Senua's Sacrifice zeigt sich auch in der sensorischen Gestaltung des Raumes, die eine Lebendigkeit der Spielwelt simuliert. Die Verwendung unterschiedlicher Materialien, wie beispielsweise altes Holz, harter Stein oder fliessendes Wasser, wird kontinuierlich durch den Sound angedeutet und intensiviert das Gefühl von Haptik und atmosphärischem „Game Feel“. Archetypische Ambiente-Geräusche von gewaltigen Naturlandschaften treten dabei in einen spannenden Kontrast zum kinematischen Raum in Videosequenzen bzw. Halluzinationen. In diesen wirkt der Raum häufig durch das Sounddesign entrückt, verzögert, sehr weit (Echo) oder klaustrophobisch klein. Die auditiven Halluzinationen treten entweder in einer konkreten räumlichen Verortung (links, rechts, hinten, oben etc.) oder in einer verstreuten Form aus allen Richtungen auf. Bei letzterem fungieren die Töne als alles andere als Landmark-Sounds, da sie zu einer hochgradigen räumlichen Desorientierung beitragen, das insbesondere bei den labyrinthartigen Rätselstrukturen zutage tritt.

–> Kenternszene

6 Narration und Dramaturgie

6.1 Dramaturgie

In dem Videospiel Hellblade: Senua's Sacrifice wird die tragische Leidensgeschichte von Senua auf eine akustische Weise über diverse emotionale Hinweise vermittelt, obwohl das Spiel keine „klassischen“ Level-Ups und dergleichen nutzt. Stattdessen wird häufig ein starkes auditives Kontrastmoment eingesetzt: Bspw. werden vor und während schwieriger oder gefährlicher Kämpfe oder Prüfungen häufig dramatisch-hektische und laute Soundeffekte eingesetzt. Diese lösen sich im Anschluss an das erfolgreiche Bestehen allmählich auf und gehen in eine friedlichere und leisere Geräuschkulisse über, die im Vergleich wohltuend für das Ohr ist. Die unheimlichen Stimmen sind verstummt. Dies resultiert in einer Empfindung von Grösse, Stärke und überzogenem Machtgefühl. Die Soundqualität der Kampfsequenzen ist so herausragend, dass sie den Spieler immer wieder dazu verleitet, in Kampfsituationen zu treten, um „sich selbst zu hören“ (Flow und Sound als Belohnungs- und Motivationsfaktor). Weitere Belohnungs-Soundeffekte, die bspw. beim Erhalt des legendären Schwertes „Gramr“ ertönen, markieren die Wichtigkeit des Schwertes akustisch und fördern die Entstehung von Glücksgefühlen und Zufriedenheit.

6.2 Subjektivierung

Wie im Vorgängerspiel sind die subjektive Wahrnehmung und die Fokussierung auf Senua zentrale Aspekte des Spiels, auf deren Grundlage das gesamte Gameplay aufbaut. An dieser Stelle sei insbesondere auf die wiederholten audiovisuellen Halluzinationen von Senua hingewiesen.

Abgesehen von visuellen Halluzinationen, die beispielsweise in Form von Videosequenzen auftreten, sind es häufig die Momente des Dialogs, in denen die subjektivierenden Mittel des Sound Designs besonders hervortreten. In den besagten Dialogsequenzen, in denen die Protagonistin Senua mit einem Nicht-Spieler-Charakter in ein Gespräch vertieft ist, werden die auditiven Halluzinationen das Gesagte auf unterschiedlichste Weise kommentieren. Dies resultiert in einer Art Doppelerfahrung von Innen und Außen, wodurch Senuas Innenwelt in besonders eindrucksvoller Weise in Szene gesetzt wird.

7 Ästhetische Beurteilung

Die Sounds im Spiel zeichnen sich durch eine hohe Qualität aus und erzeugen eine mehrdimensionale Soundkulisse, die durch einen exzellenten Mix gekennzeichnet ist. Das Spiel verbindet auf meisterhafte Weise sehr leise, laute, nahe oder weit entfernte Klänge miteinander. Dadurch werden nicht nur Dreidimensionalität und Räumlichkeit evoziert und Kontraste geschaffen, sondern es wird auch eine mitreissende Sound-Dramaturgie und Atmosphäre erzeugt. Die Sounds sind der Thematik entsprechend stilistisch passend gewählt und können als Erweiterung des Genres mit einem neuartigen „Game Feel“ angesehen werden. Der Fokus liegt hierbei auf atmosphärischer Dichte, die durch mehrere Soundschichten erzeugt wird, die wiederum zusammen mit der Musik zu einem fesselnden, immersiven Klangteppich beitragen. Ohne das Sound Design würde das Spielprinzip von Hellblade: Senua's Sacrifice nicht funktionieren.

8. Game-Vergleich: Hellblade II: Senua’s Saga

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Fazit

Insgesamt wird das Sound Design wird zu einem so starken Argument, dass man sich als Spieler:in die Frage stellen muss, inwiefern Senaus Reise tatsächlich nur in ihrem Kopf stattfindet.

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